7/28/2014

Schicksalsentsorgung

Wir leben in einer Entschädigungs- und Versicherungsgesellschaft, die prinzipiell jeden Schicksalsschlag für ausgleichspflichtig halten möchte. Nicht nur verbreitet Zivilisation seit Anbeginn den Anspruch, das Individuum vor den Fährnissen der Zukunft immer besser zu schützen. Maßgeblich soll der Umgang mit dem Opfer die moralische Fähigkeit einer Gesellschaft demonstrieren, Gerechtigkeit immer umfassender zu gewährleisten. Evolution ist mit dem Gerechtigkeitsempfinden so eng verkoppelt, dass wir ständig messen und vergleichen und bei diesen Kalkulationen regelmäßig zu dem wundersamen Schluss kommen, nicht so gerecht behandelt zu werden, wie wir es doch "verdienen". Laufen die Dinge also schlecht, so kann das niemals an uns liegen, sondern an den versagenden Entschädigungsinstanzen der Gesellschaft. Kurzum: Das Opfer genießt einen privilegierten Status, den wir als - mehr oder minder infantile - Auffangposition unserer Enttäuschungen gerne einnehmen, wie immer völlig ungeachtet des Umstands, dass die wirklichen Opfer dahinter verblassen könnten.  

Goedart Palm

7/25/2014

Cézanne und die Lehre der Äpfel

Revolutionäre Äpfel waren eine Sache des 19.Jahrhunderts, das diese Wahrnehmungsempfindlichkeit in bildarmen Zeiten noch besaß. Nicht nur den Äpfeln ist die Revolution abhanden gekommen. Es gibt Zeiten der Kunst und der Politik, die weniger bis wenig aufregend sind, wenn man es sich nicht ohnehin mit dem Befund, in der "posthistoire" zu leben, etwas gemütlicher macht. Engagierter formuliert scheint zu gelten, dass die "subkutan-subversiven" Wirkungen der Kunst zur Veredelung des Menschengeschlechts auch nur als frommer Glaube weiterleben. 

Goedart Palm

7/16/2014

Weltmeisterliches Herumgehopse

Jetzt, wo es bereits in dem üblichen Erregungsmodus der Medien, "Gauchogate" heißt, darf man konstatieren: Eine veritable Fest- und Feierkultur jenseits der Albernheiten konnte man in dem weltmeisterlichen Herumgehopse jenseits des Rasens, der die Welt bedeutet, nicht erkennen. Vielleicht sollte man Feiern genauso üben wie "Standardsituationen".  

Goedart Palm

Natürlichkeit/Unnatürlichkeit

Manchmal muss man die Dinge ein "bisschen unnatürlich" gestalten, um sie wieder sehen zu können.  

Goedart Palm

7/15/2014

Projektion des Anderen

Wenige Menschen sind dem Anderen besonders nahe. Regelmäßig reicht uns dessen Projektion, die wir aus unserer Wunschidentität konstruieren. 

Goedart Palm  

7/06/2014

Durch die Wüste

Im Feuilleton einer regionalen Tageszeitung vermerkt der Kritiker, dass diese Kunst "Klischeevorstellungen in Frage stellt" sowie "mit sozialen Wahrnehmungsgewohnheiten aufräumt". Das ist schockierend! Vielleicht erträgt man noch die Konstruktion, dass Klischeevorstellungen lediglich in Frage gestellt werden und dann - wie der böswillige Leser denken möchte - schließlich doch unberührt bleiben. Aber wenn der Künstler mit "sozialen Wahrnehmungsgewohnheiten aufräumt", bewegen wir uns tief in der Wüste des Feuilletons. Stoßen wir vor in das Reich asozialer oder antisozialer Wahrnehmungsgewohnheiten? Kann ich auf jene Wahrnehmungen verzichten, die mich erst zu einem Teil dieser Gesellschaft machen? Hätte der Kritiker wenigstens selbst seine Klischeevorstellungen dieser dahinsiechenden Rubrik müßiger Kunstbetrachtung "in Frage gestellt", wäre unsere dehydrierte Wahrnehmung des Feuilletons vielleicht auf eine Oase gestoßen. Eine Oase, in der sich die Wahrnehmung von Kunst noch verständigungsorientiert vermitteln lässt.

Goedart Palm

7/01/2014

Guitar City

Guitar City - C. Goedart Palm

Kunst und Funktion

Wofür ist Kunst in ausdifferenzierten Gesellschaften überhaupt noch zuständig? Künstler haben darauf viele Antworten. Zumeist verweist man auf die  generalistische Zuständigkeit für das, was keine funktionale Zuständigkeit gefunden hat. Etwa verwaiste Sensibilitäten, die in der Kunst und zunächst nur dort ihre Gültigkeit besitzen. Wird die Kunst explizit politisch, läuft sie oft Gefahr, parasitär auf die Verhältnisse zu reagieren. Das schließt nicht aus, dass politische Kunst großartig sein kann, aber eben deshalb, weil sie es als Kunst und nicht wegen ihrer Gesinnung ist. 

Goedart Palm 

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