Das Dilemma nicht nur des General-Anzeigers ist der fatale
Kampf um Aufmerksamkeit in schlechten Zeiten für treue Leserschaften.
Einerseits produziert man (moderate) Betroffenheiten, andererseits will man es
sich auch mit niemandem direkt verderben. Diese publizierte Stimmung, die
längst keine öffentliche im klassischen Sinne ist, ist vielleicht zu oft
gefährdet, als Beliebigkeitsjournalismus wahrgenommen zu werden. Und das
konterkariert auch nicht die WCCB-Berichterstattung, deren fiese Details
Staatsanwaltschaften ja wichtig erscheinen mögen, deren Dauerregen auf die
Leserschaft aber viel zu intensiv ist. Ohnehin sollten Fakten nicht die Analyse
überschatten – wie etwa im Fall von Trudel Ulmen. Die Beschwörung der
Monstrosität des Täters ist ein so abgegriffener Gestus und die
Veröffentlichung eines Briefs aus der JVA im Blick auf das Persönlichkeitsrecht
des Täters bereits grenzwertig.
Fazit: So erscheint das journalistische Ethos des GA -
abgesehen von dem üblichen Lokalkram, der wahrscheinlich unabdingbar ist (so
wenig man ihn oft lesen möchte) - als eine Beschwörung des eigenen
investigativen Journalismus mit der existenziellen Selbstaussage: Sehr nur her,
wenn wir nicht gewesen wären … Ob das für das Wohlergehen des GA reicht dürfte
aber weniger aufklärungsbedürftig sein als die allgemeine Frage, ob gedruckte
Lokalnachrichten überhaupt irgendeine Zukunft haben…