Recht ist von Macht- und
Verfahrensfragen nie zu trennen. Recht
hat in einem Rechtsstaat der, dem es in einem demokratisch festgelegten
Verfahren zuerkannt wird. Zu sagen, man habe gleichwohl Recht jenseits dieser
Prozeduren ist eine müßige Feststellung. In Streiks werden reale
gesellschaftliche Machtpositionen in Einigungsprozesse eingebracht, die den
Ursprung des (demokratischen) Rechts als mehr oder weniger geglückte
Austarierung von Interessen deutlich werden lassen. Recht und Macht liegen hier
so dicht beieinander, dass kontroverse Grundüberzeugungen der Parteien eher nur
in einem Erschöpfungsprozess relativiert werden. In Zeiten härterer
Verteilungskämpfe kann dieser Prozess zu einer Offenbarungserklärung des
Systems werden, dass gesellschaftliche Verhältnisse ihren Grundkonsens verloren
haben. Das kann so heilsam sein wie
riskant, dass Gesellschaften den Glauben an den "Leviathan" aufgeben,
der erst dann wiederkehrt, wenn die meisten begreifen, dass dieses Modell
langfristig nur Verlierer kennt. Vor einigen Jahrhunderten war dieses Wissen
noch geläufiger...
Goedart Palm