Sind Naturnachbildung, Illusionismus und viele Varianten die maßgebliche Quelle künstlerischer Erfindung?
Wilhelm Worringer war anderer Auffassung. Die Kunst
schaffe zunächst mit abstrakten Formen (etwa Pyramiden) ein Herrschafts- und
Schutzsystem gegen die Undurchschaubarkeit und Gefahren einer äußeren Welt.
Erst später komme es dann mit wachsender Vertrautheit und Kenntnis der Natur
zur Naturnachahmung. Dialektisch ist zumindest der Gedanke, dass mächtige
Antriebe der Kunst darin bestehen, die Natur zu überformen, zu verdrängen, zu
transzendieren, was spätestens seit dem Kubismus mit besonderer Radikalität
augenfällig wird. Insoweit bewegen sich Künstler in einer
"Schöpfungskonkurrenz" zum vermeintlich Natürlichen. Gegenüber zahlreichen
Formkonzepten, die den mimetischen Impuls hintertreiben, müssen sich alle
Augentäuscher und Illusionisten ohnehin fragen lassen, welche magische
Bedeutung ihre von Platon verworfene Verdoppelung der Welt überhaupt haben soll.
Goedart Palm