Dass Künstler besondere seherische Fähigkeiten in
politischen Angelegenheiten haben, ist kunstgeschichtlich betrachtet nicht zu
bestätigen. Das schließt nicht aus, dass einige KünstlerInnen politischen
Verstand haben und Werke - selten genug - später als Prophezeiungen angesehen
werden. Ludwig Meidners apokalyptische Landschaften von 1912/13 mag man - cum
grano salis - als Vorahnungen der verwüsteten Schlachtfelder des 1. Weltkriegs
sehen. Die Strategie bestimmter Ausstellungsmacher, nun ein semantisch
grandioses Überthema ausgestellten Werken aufzupfropfen, ist zwar
aufmerksamkeitstechnisch nachvollziehbar, aber gleichwohl unredlich. Da lobe
ich mir Provinzausstellungen mit dem Thema "Querschnitte". Da weiß
man, dass der Besuch eines künstlerischen Kramladens nun mal der Eindruck ist,
der entsteht, wenn viele individuelle Ansätze unter ein Dach gezwängt werden...
Goedart Palm