Heute tauschen Schüler nicht nur in Echtzeit per smartphone
mit ihren Mitschülern Informationen im Klassenraum aus, während sich der
Pädagoge dem Tafelanschrieb widmet. Die Welt der Schüler entfernt sich immer
stärker von der Kreidezeitwelt der Lehrer, was vor allem darauf zurückzuführen
ist, dass die Schule sich als exklusive Wissensquelle und vormaliger
Mittelpunkt der Peergroups verabschiedet hat. Der Bruch zwischen realen und
virtuellen Welten vollzieht sich so schnell, dass die curricularen Angebote
mehr denn je hinterherhinken und die Lebenswirklichkeit der Schüler immer
stärker durch außerschulische Angebote geprägt wird. Das impliziert aber m.E.
keine Nivellierung des Nachwuchses, sondern vor allem die radikale Ausbildung
anderer Handlungs- und Wissensformen. Es gibt heute schon Formen von
"virtueller Intelligenz", die den alten alphanumerischen Code (Vilém
Flusser) nicht mehr als das "Non plus ultra" der kognitiven und
sozialen Welterschließung erscheinen lassen. Sicher gab es vordem auch
spätägyptische Lehrer, die den Kollaps des Hieroglyphen-Wissens
kulturpessimistisch definiert haben, aber jede Zeit wird ihre eigenen Regeln
entdecken und am Horizont winkt ohnehin eine völlig entfesselte
Informationstechnologie mit neuen Akteuren der Geschichte, die wir gegenwärtig
nur als moderaten Vorschein erleben.
Goedart Palm