Die Historie wird an die
Gegenwart geklittert, zieht sie in ein Meer der bedeutungslosen Anspielungen
herunter: Grass, mach uns noch einmal den Hölderlin. Hier reklamiert einer
Allkompetenz, wo die Auguren längst versauern. Poeten suchen eine Form, eine wie
auch immer stark hervorgetriebene Bedeutung, wo ihr Metrum sich an fremden
Parametern wund scheuert. Wirklichkeit unterwirft sich solchem ästhetischen
Regiment nicht. Es gibt zahllose „Griechenländer“, die wir nicht erst
seit seit Johann Joachim Winckelmann als Konstruktionen mit bedingter
Haltbarkeit kennengelernt haben. Doch wer vertraut gar auf diese historischen,
kategorienlosen Multi-Überblendungen, wie sie uns Günter Grass nun aufdrängt,
wenn er aktuelle Probleme in zwölf Strophen erledigt. Dringender Rat oder
Packungsbeilage: Misstraut diesen Dichtern! In ihren assoziativen Niederungen
und Betroffenheitsgesten wird man nicht die Wahrheit finden, die Wirklichkeit
verdient. Wie wenig Poesie in
Gefahr und größter Not noch zu sagen vermag, dafür mag dieses Gedicht
stehen. Das „Rettende“ ist eine fragile Agenda, die längst von einem
anderen Metrum bestimmt wird.
Goedart Palm