6/10/2008

Anselm Kiefer und der Frieden im Deutschen Buchhandel

Literatur ist im Zeitalter medientechnologisch hochgerüsteter Gesellschaften ein fragiles Kulturressort geworden, das Mühe hat, seinen "ontologischen" Status zu bewahren, während es zwischen Fernsehen, Hörkassetten und dem allgegenwärtigen Internet alte Ansprüche verteidigt, die bereits in relativen Blütezeiten nicht eingelöst wurden. Doch noch folgt auf die Verteidigung der Angriff: Dem starkdeutschen Maler Anselm Kiefer wird der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. Warum nun dieser Maler mit Literatur und Frieden assoziiert werden soll, mag die Jury wissen. Uns erscheint es so, als wäre der Medienbruch kalkuliert. Weder auf die Literatur noch das Buch, weder auf die Malerei noch die politische Semantik kann man sich verlassen. Verlassen allein kann man sich auf Aufmerksamkeitsqualitäten, die in diesen Brüchen und Erwartungsenttäuschungen liegen. Solchen Kriterien zufolge kann man auch George W. Bush diesen Preis verleihen, weil der unselige Irak-Krieg, wie übrigens die meisten Kriege, zur Reflexion über den Frieden beitragen mag. Jeder Schock, jede Irritation sind in Aufmerksamkeitsgesellschaften geeignet, Reflexionen auszulösen. Anselm Kiefer ist eine Variable in diesem Spiel, das kleine Szenen milde unterhält. Den Preis hätte man auch den Insassen von Guantanamo Bay widmen können, das hätte allerdings Unfrieden gestiftet und so weit will nun keiner gehen. Dieser Preis ist völlig belanglos, eine Posse für moralische Korrektheit mit einem leicht ironisierten Spielbein. Der Friede als echtes Anliegen kommt hier nicht vor, weil die Selbstinszenierung des Preises dafür zu behäbig seriös erscheint. Anselm Kiefer als Säulenheiliger des etablierten Kunstbetriebs (gibt es einen anderen?) verleiht dieser Honoratiorenveranstaltung auch nicht den "kick", den der Frieden in kriegerischen Zeiten gut brauchen könnte.

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