Statistiken mögen uns viel erzählen. Das Interesse der Menschen an Bildender Kunst will mir äußerst gering erscheinen, wenn ich Orte besuche, die längst wieder reklamieren können, reine Musentempel zu sein. Museen und Kirchen teilen sich das Schicksal, ihre Anhänger zu verlieren. Zwar gibt es mitunter hochgejazzte Ausstellungen, die jeder glaubt, in sein Kunstbetrachtungsrepertoire eingliedern zu müssen. Etwa gegenwärtig "El Greco" in Düsseldorf, so wenig viele Besucher auch nur einen Anflug von Verständnis für diese wilde Malerei entwickeln können. Das Besucherinteresse ist kaum von Prätention zu unterscheiden. Wirklich bezeichnend sind andere Impressionen. Museum Ludwig, 30.06.2012: Claes Oldenburg zieht keine Besucher an, so wenig wie Yvonne Rainer oder Kasper Königs Nichtvollendungen. Es ist angenehm, sich in diesen weltabgewandten Heterotopien zu bewegen. Diese Ausstellungen sind verdienstvoll, ich würde sie nicht missen wollen, aber die Gesellschaft von Claes Oldenburg reizt offensichtlich außer mir "Samstag mittags in der City" kaum einen. Der Reiz des Pop, des Postpop ist dahin. Dabei präsentierte sich diese Kunst so antiesoterisch, wenngleich schon beim ersten Anhub niemand so recht glauben wollte, die Kunst fände nicht mehr im Saale statt. Inzwischen ist der verwelkte Pop ein reines Insider-Phänomen, eine Avantgarde, der keine Truppe folgte. Wenn ich einen Ort für einen toten Briefkasten wählen müsste, würde ich eine Warholsche Brillo-Box im Museum Ludwig wählen. Dass eine Kunst, die weiland doch als Ewigkeit alltäglichen Seins erschien, Patina ansetzt, belegt Claes Oldenburgs Material. Das Mouse Museum atmet Muffigkeit. Die Witze erscheinen wie verblasste Pointen eines sich alles einverleibenden Nostalgiediskurses. Das Material löst sich wieder aus seinem Kunstzusammenhang, es verwandelt sich zurück in das Apriori der Kunst. So wird auch eine Brillo-Box einstmals wieder Interesse auslösen. Wer oder was war "Brillo"? Vielleicht könnte uns uns Warhol weiterhelfen, wenn wir nur wüssten, was der mit Brillo zu tun hatte. Fragen über Fragen, die das Weltschicksal kaum beeinflussen werden.
Goedart Palm
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