Zu der Ausstellung: Am Anfang - Anselm Kiefer. Werke aus dem
Privatbesitz Hans Grothe
20. Juni bis 16. September 2012
Anselm Kiefers Malerei ist mächtig, groß, brutistisch,
erdig, rostig... Sollen wir sie loben? Ein Problem dieser Malerei ist die allpräsente
Symbolik. Als ob wir es nicht gewusst hätten, wird noch semantisch markiert,
was vielleicht eine Interpretation ermittelt hätte. Kiefer hilft hier dem
Betrachter immer nach. Symbole gehören per se zum Instrumentarium der
malerischen Sinnvermittlung: Eine Blume, die Liebe oder Glauben symbolisiert,
eine Waage, die allegorisch die Gerechtigkeit signiert. Das ist ein
Standardverfahren, das nicht zwingend dadurch desavouiert wird, dass Symbole
subjektivistisch interpretiert, modifiziert oder gar konterkariert werden.
Warum aber beschleicht mich der Eindruck, dass diese Malerei ihre Symbole
aufdrängt? Warum entsteht der Eindruck, dass diese Symbole aus Schwermetall
sind, sich dann aber bei näherem Zusehen in Beliebigkeiten verwandeln? Sicher
führen mythengeladene Symbole zu mehr oder weniger wilden Assoziationen.
Irgendwie und irgendwo quillt hier dickflüssig Geschichte in ihren zahllosen
Bezügen hoch. Wenn alles wichtig wird, ist das Risiko hoch, dass nichts wichtig
ist. Hier erleben wir ein altes Dilemma der Kunst. Das Kiefersche Bilderleben
zwischen Katastrophe, Untergang und Neubeginn macht einen so zufälligen wie
kalkulierten Eindruck zugleich, ohne dass bereits für die Verifikation des
künstlerischen Genies halten zu wollen. Hier entstehen permanent projektive
Räume, in denen man von Symbolen erschlagen wird, die selbst so massiv
gestaltet sind, als müsse man ihrer schwindenden Verbindlichkeit mit den
massig-massiven Formen widersprechen. Hinter dem Teutonisch-Titanischischen
versteckt sich das preußisch Bürokratische. Kennen wir die Besucher
irgendwelcher Ausstellungen mit ihrem "Ach, wie schön" geht es hier
(scheinbar) in die andere Richtung: "Ach, wie schrecklich, wie erhaben,
wie..." Ja, wie eigentlich? Es ist ein gemalter Jargon der Eigentlichkeit.
Es ist so - im mehrfachen Wortsinn - schrecklich authentisch, dass man es nicht
glauben mag. Einfach gesprochen: Wir erleben den Höhenflug einer
Prätentionsmalerei, die sich so wichtig und unmittelbar nimmt, dass wir ihre offiziellen
Akzeptanzen gut verstehen können.
Goedart Palm